Sie saßen nicht lange am Tisch, genauer gesagt, sie hatten es kaum bis zum dritten "Kuchen" gebracht, als ein neues, noch lauteres Gebimmel den kleinen Höllengeier aufschreckte.

"Entschuldigt mich!", sagte er und eilte zur Tür.

"Habt Ihr schließlich doch noch hierher gefunden", wollte er diesmal Khamûl fragen. Aber es war nicht Khamûl. Statt Khamûl stand ein großer und gefährlich aussehender Ork auf der Schwelle, der eine purpurrote Kapuze trug. Auch er trappte herein, kaum dass die Tür geöffnet war, gerade als ob er eingeladen sei.

"Wie ich sehe, kommen sie schon an", sagte er, als er Gazatsharas grüne Kapuze am haken sah. Er hängte seine purpurrote daneben, und "Gâkhshara - was gibt's zum Fressen?", setzte er hinzu, die Hand am Mund.

"Schönen Dank!" erwiderte der kleine Höllengeier, der nach Luft schnappte. Das war zwar nicht korrekt, aber "sie kommen schon" - das hatte ihn ernstlich verwirrt. Er hatte gern Besuch (meist traute sich niemand zu ihm, wenn die anderen Geier anwesend waren), aber lieber war es ihm, wenn er den Besuch kannte, bevor er ankam. Auch zog er es vor, Besucher selbst einzuladen. Dumpf erinnerte er sich an das Verbot des Alphas, in der Abwesenheit der anderen Gier "wilde Partys" zu feiern, was immer das genau sein mochte. Und es kam ihm der schreckliche Gedanke, dass die "Kuchen" ausgehen könnten, und was fing er dann mit zwei - oder gar mehr? - verfressenen Orks an? Möglicherweise musste er gar selbst ohne Essen bleiben, und er konnte nicht einfach fortfliegen und sich einen Hammel reißen (zumal das gar nicht so einfach war, denn zum einen waren Hammel in der Umgebung von Mordor eher selten, und zum anderen waren Hammel fürchterlich geschickte und auch heimtückische Viecher, die ihm schon oft übel mitgespielt hatten).

"Kommt herein und trinkt einen Tee mit", brachte er dennoch heraus, nachdem er allerdings tief Atem geholt hatte.

"Ein großes Bier wäre mir lieber, wenn es Euch nichts ausmacht, mein guter Geier", sagte Gâkhshara mit für einen Ork erstaunlicher Höflichkeit. Na klar - vor so einem prächtigen Geier musste jeder Ork Angst haben, und da kam die Höflichkeit ganz von selbst. Ja, es war schön, ein Höllengeier zu sein!

"Für Kuchen wäre ich dankbar", fuhr der Orks derweil fort, "Kümmelkuchen, ja, das wäre das Richtige, wenn es solchen hei Euch gibt!" "Massenweise!", hörte der kleine Höllengeier sich zu seiner eigenen Überraschung antworten. Dann verschwand er hastig, um über all die sonderbaren Wünsche nachzudenken. Bier... ja, das war kein Problem. Bier war eines der Grundnahrungsmittel der Höllengeier, uns insbesondere der Alpha hatte einen nahezu unerschöpflichen Keller davon mit über einhundert verschiedenen Sorten. Da würde er das Fehlen von ein paar Litern (und so viel tranken zwei Orks ganz bestimmt) wohl kaum bemerken, insbesondere wenn Junior sich vom Weizenbier bediente, das immer in mehr als ausreichenden Mengen vorhanden war. Kümmelkuchen aber... das hatte er noch nie gehört. Aber vielleicht meinte der blöde Ork (und, ganz unter uns, alle Orks sind blöde, ganz besonders, wenn man sie mit Höllengeiern vergleicht) ja einfach nur "Krümelkuchen"? Dann war das nämlich alles ganz einfach...

Zurück zur Vorseite

Weiter