Das Beste an den Höllengeiern war aber, dass sie nie in irgendwelche Abenteuer verstrickt gewesen waren und nie etwas Unvorhersehbares getan hatten. Man konnte im Voraus sagen, was ein Höllengeier auf eine Frage antworten würde (zugegeben, meist "Hunger!" oder "Fressen!", was es etwas einfacher machte), ohne dass man sich die Mühe machen musste, diese Frage wirklich zu stellen. Der Dunkle Herrscher wusste dies natürlich besser als jeder Andere, und so konnte er sich immer sicher sein, dass, wenn einer seiner treuen Diener eine Dienstreise unternehmen musste, immer ein ausgeruhter Höllengeier zur Verfügung stand, der ihn tragen konnte. Und so lief das Leben immer ruhig und geordnet ab im Höllengeierland.

Dies hier aber ist eine Geschichte von einem Höllengeier, der trotzdem Abenteuer erlebte und sich selbst über völlig unvorhergesehene Fragen reden hörte. Vielleicht verlor er bei seinen Nachbarn an Ansehen, aber er gewann - nun, ihr werdet ja sehen, ob er am Ende überhaupt etwas gewann.

Die Mutter unseres Höllengeiers - was ist eigentlich ein Höllengeier? Ich glaube, dass die Höllengeier heutzutage einer Beschreibung bedürfen, da sie selten geworden sind und scheu vor den Menschen (wohl, weil diese immer mit Pfeil und Bogen auf sie schießen, was nicht wirklich nett ist, wie ihr zugeben müsst, wenn ihr unseren Höllengeier erst richtig kennen gelernt habt). Außerdem nennt längst nicht jeder sie bei ihrem richtigen Namen (den sie einem erstaunlich klugen Menschen namens Beregond aus Gondor verdanken, dem Land, das direkt jenseits der Großen Mauer liegt, unter der die scheußliche Spinne haust). Vielerorts hält sich auch hartnäckig der von dem garstigen Zauberer Gandalf geprägte Ausdruck "geflügelter Unhold", der aber in Höllengeierkreisen so gut wie nie ins Maul genommen wird und wenn, dann nur im Scherz. Wenn ihr also schon einmal etwas von "geflügelten Unholden" gehört habt, dann wisst ihr nun, dass damit eigentlich die possierlichen Höllengeier gemeint sind. Den anderen Begriff vergesst ihr dann am besten ganz schnell wieder - wer wollte auch schon einen so niedlichen kleinen Höllengeier wie Junior als "Unhold" bezeichnen wollen (also bitte!)? Einen anderen Spaß mit dem Namen haben sich auch die Balrogs gemacht, die ja schon immer einen sonderbaren Humor hatten. In Moria (aber zum Glück nur dort!) nennt man die armen Höllengeier neuerdings "Schreckensadler", da sie sich zu den Adlern verhielten wie die Trolle zu den Ents und die Orks zu den Elben. Da aber die Trolle nicht "Schreckensents" und die Orks nicht "Schreckenselben" hießen (und wer sollte auch auf eine so komische Idee kommen?), könnt ihr auch das getrost wieder vergessen - aber wenn ihr einmal einen Balrog trefft, solltet ihr ihm nie sagen, dass dieser Begriff ganz falsch ist, denn Balrogs sind groß und stark und können ganz schön gemein werden. Nun, das sei vorerst genug, und wir wollen fortfahren.

Die Mutter unseres Höllengeiers jedenfalls - ja, mit der Mutter hat es so eine besondere Bewandtnis: unser armer, kleiner Junior hatte keine Mutter. Kein Höllengeier hat eine Mutter, aber das machen sie durch brüderlichen Gemeinschaftssinn wieder wett. Alle kümmern sich rührend umeinander und insbesondere um den Jüngsten. Und alle Höllengeier wissen genau, wer ihr Vater ist: der Dunkle Herrscher selbst und kein anderer. Vieles liegt im Bereich der Höllengeierkunde noch im Unklaren, und niemand weiß so genau, warum die Höllengeier neun Brüder sind, aber keine Schwester haben - und woran man Höllengeiermännlein von Höllengeierweiblein unterscheiden könnte. Aber da sich die Höllengeier solche Fragen nie stellen, brauchen wir dies hier auch nicht zu tun.

Zurück zur Vorseite

Weiter