Ashdug und Bûrzûk liefen zu ihren Rucksäcken und brachten kleine Fiedeln. Svenbûrz, Uzgbûrz und Burzumshara holten Flöten aus den unergründlichen Taschen ihrer Kapuzenmäntel. Yrchûk holte eine Trommel aus der Halle. Ashaghashgûl und Nûtgoth gingen ebenfalls hinaus und kamen mit Klarinetten zurück, die sie bei den Spazierstöcken abgestellt hatten. Gazatshara und Gâkhshara sagten: "Entschuldigung, unsere Instrumente liegen noch vor der Tür."

"Dann bringt auch meines mit!" rief Meskrith ihnen zu. Sie kamen zurück mit Bratschen, die größer als sie selbst waren, und mit Meskriths in grünes Tuch eingeschlagener Harfe. Die Augen des kleinen Höllengeiers wurden ganz groß vor Staunen, denn bislang hatte nur Orks getroffen, die Musikinstrumente allenfalls zum Feuermachen einsetzen konnten. Doch noch bevor er auch nur denken konnte, was denn die an sich völlig unmusikalischen Orks mit all diesen Musikinstrumenten anfangen wollten, drang Khâmuls Flüstern wie ein eisiger Windhauch zu ihm: "Die Instrumente gehören zur Geschichte, sozusagen. Sie sind alles, was ihnen noch davon geblieben ist. Ein kleiner, geringer Teil eines einst viel größeren Schatzes. Kein Höllengeier hat jemals einen so großen Schatz gesehen, mein kleiner Freund! Doch wie jeder gute magische Gegenstand, übt die Harfe eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihren Besitzer aus. Und so hat der gute Meskrith seine Kumpane gezwungen, ebenfalls Musik zu machen."

Ihr müsst wissen, dass das meist so ist mit den magischen Gegenständen: Fast alle von ihnen konnten nicht nur Gutes bewirken oder hatten wundersame Fähigkeiten, sondern sie beeinflussten auch in der einen oder anderen Form ihren Träger. Ihr braucht dabei nur an die vielen minderen Ringe zu denken, die Celebrimbor und seine Schmiede erschufen, nachdem der clever als Annatar getarnte Papa Sauron ihnen Hilfe angeboten hatte, ganz zu schweigen von den Größeren Ringen... aber die sind Teil einer anderen Geschichte, in die Höllengeier nur sehr am Rande verwickelt waren (wobei die Beteiligung der Höllengeier und insbesondere die Auswirkungen der Geschichte auf die Geier höchst unklar sind und von den Weisen heute noch diskutiert werden, wobei insbesondere die angeblich in Morder aufgefundene "Totenmaske eines Höllengeiers" der Wissenschaft große Rätsel aufgibt). Aber all dies konnte der kleine Höllengeier nicht wissen, und vermutlich hätte es ihn auch gar nicht interessiert - und ganz besonders nicht in diesem Moment, wo seine ganze Aufmerksamkeit dem sonderbaren Anblick des großen, stattlichen Orks mit der Harfe gewidmet war.

Doch noch bevor Junior dem großen Ringgeist auch nur eine einzige Frage stellen konnte, hatte Meskrith schon seine Harfe ausgepackt. Es war eine wunderbare goldene Harfe, und als Meskrith sie schlug, begann die Musik so plötzlich und süß, so ganz unorkisch, dass der kleine Höllengeier alles andere vergaß. Er wurde in dunkle Lande hinweggeführt, unter seltsame Monde, weit fort über das Wasser, sehr weit von seiner kleinen Höhle im Heimeligen Feurigen Berg entfernt, noch weiter als der Weg, den seine Brüder zur Wehrübung zurücklegen mussten, sehr viel weiter noch. Wohl noch nie hatte man in Morder eine solch süße und schöne Melodie gehört, und dem kleinen Höllengeier schien es, als würde Khamûl ganz unruhig werden bei diesen höchst unorkischen Töten, die die Harfe hervorbrachte. Doch Junior hatte keine Zeit, darauf zu achten, denn auch ihn hielt die Musik gefangen.

Das Dunkel drang durch die kleinen Schlitze, die in die Flanke des Berges eingelassen waren, in den Raum. Das Feuer flackerte. Es war April. Und noch immer spielten sie, während die Silhouette von Khâmul wie ein unruhiger Schatten über die Wände geisterte. Die Dunkelheit erfüllte den ganzen Raum, und das Feuer verlosch. Die Schatten ertranken, und immer noch spielten sie. Plötzlich begann erst einer, dann ein anderer, während sie weiterspielten, einen tiefen, kehligen Gesang. Was davon nun wirklich eine Orkweise war und was auf den Einfluss der magischen Harfe zurück ging, wird sich wohl nie klären lassen. Und dies sind gleichsam Bruckstücke ihres Liedes, wenn es ohne Musik und Reim überhaupt ihrem Gesange gleichen kann:

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